Rat muss sachkundige Bürger akzeptieren

Die Ablehnung verstößt gegen geltendes Recht, entscheidet Landrat Rüther und setzt eine Frist.

Sabine Kauke (NW)

Normalerweise ist die Besetzung von Ratsgremien lediglich ein formaler Akt. Eine Fraktion macht Vorschläge, die anderen stimmen zu. Nicht aber in diesem, bisher einzigartigen Fall: Hier musste der Landrat entscheiden. Ein Blick zurück: Im Februar wurde eine Vorschlagsliste der neu gebildeten Fraktion FBI/Volt mit fünf sachkundigen Bürgerinnen und Bürgern mit großer Mehrheit abgelehnt. Auch ein modifizierter Antrag scheiterte Ende März im Hauptausschuss an den Stimmen von CDU, Linke, FDP, FÜR Paderborn und Die Fraktion. Der Grund: Zum einen stelle das neue Bündnis eine rein „technische Koalition“ dar, zum anderen war die Rede von möglichem Lobbyismus, weil zunächst fünf, jetzt noch vier Mitarbeitende von Westfalenwind für FBI/Volt in Ratsgremien beratend aktiv werden wollen.

 

Nach Ablehnung Nr. 2 schaltete die Stadt Paderborn, die für Zustimmung plädiert hatte, den Landrat als Kommunalaufsicht ein. Gestern hat Christoph Rüther nun die Beanstandung durch Bürgermeister Michael Dreier bestätigt: Die Antragsablehnung verletze geltendes Recht, heißt es in der Entscheidung der Aufsicht, der Beschluss werde aufgehoben. Und FBI/Volt sei als Fraktion im Sinne der Gemeindeordnung anzusehen. In seiner nächsten Sitzung, spätestens aber bis zum 27. Mai, muss der Rat/Hauptausschuss nun „eine gesetzeskonforme Entscheidung zum Antrag von FBI/Volt treffen“, soll heißen, die Liste mit den sachkundigen Bürgern ist abzusegnen. Der Rat sei laut Gemeindeordnung NRW dazu verpflichtet, benannte Ratsmitglieder oder sachkundige Bürger zum Mitglied eines Ausschusses zu bestellen. Geschieht dies nicht in der gesetzten Frist, wird der Landrat die Anordnung selbst durchführen, heißt es in der Entscheidung.

 

„Für uns war klar, dass es so kommen wird, die Rechtslage ist eindeutig“, ist FBI/Volt-Fraktionschef Hartmut Hüttemann zufrieden. Er hofft, dass es möglichst bereits in der Sitzung des Hauptausschusses am 18. Mai eine mindestens mehrheitliche Zustimmung für die sachkundigen Bürger geben wird. „Alles andere wäre angesichts der Rechtssituation traurig.“
Noch steht aber nicht fest, ob erst in der Ratssitzung am 27. Mai abgestimmt wird.

 

Auch CDU-Fraktionschef Markus Mertens hat die Entscheidung nicht überrascht. „Aber wir wollten ein Zeichen setzen.“ Wird seine Fraktion im Mai zustimmen? „Enthaltung könnte eine Option sein. Aber wir beraten das noch“, so Mertens. Nicht glücklich ist FDP-Fraktionsvorsitzender Alexander Senn, dessen Fraktion Volt-Mitglied Verani Kartum im Herbst nach der Kommunalwahl zunächst angehört hatte. „Unsere Kritik an dem Gebilde als technische Fraktion bleibt. Aber wir müssen das wohl akzeptieren.“

 

(Neue Westfälische 30.04.2021)