Der Marienplatz soll seine charakteristischen zwölf Linden behalten. Das hat Bürgermeister Michael Dreier nach Gesprächen mit der Kirchengemeinde als Eigentümerin mitgeteilt. Nun fordern die Gegner des Verwaltungsneubaus eine Neuplanung.

Bürgermeister unter Druck

Marienplatz: Michael Dreier will Linden erhalten

von Ingo Schmitz

Paderborn(WV). Bürgermeister Michael Dreier hat entschieden: Auf dem Paderborner Marienplatz werden keine Linden gefällt. Auch die Busspur soll bleiben. Die Betreiber des Bürgerbegehrens gegen den Neubau der Verwaltung wundern sich indes und fordern eine komplette Neuplanung für die geplante Verwaltung.

 

Anfang April formiert sich der Protest gegen die Überplanung des Marienplatzes im Herzen der Stadt zu Gunsten der neuen Verwaltung. Pro Grün hat bereits etliche Unterschriften gegen einen möglichen Kahlschlag gesammelt.

 

Die Pressemitteilung aus dem Rathaus mit dem überraschenden Inhalt kam am Mittwochmittag ohne Vorwarnung. Darin erklärt Michael Dreier: »Die zwölf Linden am Marienplatz und die dortige Busspur bleiben bestehen. Die Planung im Rahmen des Neubaus der Paderborner Stadtverwaltung wird entsprechend überarbeitet.«

 

Außerdem kündigt der Bürgermeister an, dass die Planungen für den Neubau der Stadtverwaltung Am Abdinghof fortgesetzt würden. Dabei sollen die Bürger mit einbezogen werden. Vorgesehen sei ein Bürgerdialog, mit dem man bereits beim Markt- und Domplatz gute Erfahrungen gesammelt habe. Im Sommer werde man damit beginnen, heißt es.

 

Seinen plötzlichen Entschluss begründet der Bürgermeister mit den jüngsten Gesprächen, die er mit der St.-Liborius-Pfarrgemeinde als Eigentümerin des Marienplatzes geführt habe. Daran beteiligt seien auch die Architekten und Landschaftsplaner gewesen. »Aufgrund der öffentlichen Diskussion bin ich zur Überzeugung gekommen, den Erhalt der Linden und der Busspur zu Fixpunkten der planerischen Vorgaben zu machen. « Er habe stets betont, so Dreier, dass der Siegerentwurf des Architekten-Wettbewerbs für die Verwaltung am Abdinghof als Ausgangspunkt für das weitere Verfahren zu betrachten sei. »Hier war von Anfang an nichts in Stein gemeißelt«, sagt Dreier. In enger Abstimmung und Zusammenarbeit zwischen Kirche, Stadt und Planungsbüros werde der Entwurf nun weiter entwickelt. Dazu werde sich dann auch der Projektbeirat treffen. Das mit Experten besetzte Gremium werde Politik, Verwaltung und Planer durch seine fachliche Beratung unterstützen, heißt es weiter.

 

Die Erläuterungen des Bürgermeisters zu seiner Entscheidung wurden unterschiedlich aufgenommen. Der Paderborner Umweltschützer Fritz Buhr, der sich jüngst massiv für den Erhalt der Bäume eingesetzt hatte, freute sich. Er unterstellte Bürgermeister Dreier allerdings, dass er nur aufgrund des öffentlichen Drucks »umgekippt« sei. »Außerdem hat sich mittlerweile auch die Kirche als Eigentümerin des Marienplatzes gegen die Pläne ausgesprochen. Damit steht das Grundstück nicht zur Verfügung«, sagte Buhr.

 

Noch deutlicher werden Hartmut Hüttemann (FBI), Stefan Hoppe (Für Paderborn) und Alexander Senn (FDP). Dreier habe damit das Scheitern der Gespräche mit der Kirchengemeinde eingestanden und mit seiner Entscheidung bestehenden Ratsbeschlüsse außer Kraft gesetzt. Die Initiatoren des Bürgerbegehrens gegen den Neubau der Stadtverwaltung meinen, dass die Ratsbeschlüsse möglicherweise durch die fehlende Zustimmung der Kirchengemeinde bereits von Anfang an obsolet waren. Sie halten daher eine Neuplanung für »zwingend«.


Weitere Kritik kommt von LKRFraktionschef Willi Knaup: »Bürgermeister Dreier redet von ›Bürgerdialog‹, entscheidet aber nach Gutsherrenart am Rat vorbei über die weitere Planung.« Dreier habe mit dieser Vorgehensweise seine Kompetenzen überschritten. »Denn nicht Bürgermeister Dreier entscheidet in der Stadt, sondern der Rat«, so Knaup.

 

KOMMENTAR:

Der geplante Neubau der Paderborner Stadtverwaltungam Abdinghof hat Bürgermeister Michael Dreier schon viel Ärger eingebracht. Sollte der Verwaltungsbau irgendwann
eingeweiht werden, wird man viel Zeit brauchen, um die Chronologie der Ereignisse aufzulisten. Dazu gehört auch der Protest der Bürger gegen einen möglichen Kahlschlag auf dem Marienplatz. Dass sich der Bürgermeister nun mit einer eindeutigen Positionierung für den Erhalt der Linden sozusagen per Eil- Entscheidung Luft verschaffen wollte, ist nachvollziehbar. Der Druck von Kirche und Bürgern ist wohl zu groß geworden. Klar, dass man dieses unpopuläre Thema schnell zu den Akten legen wollte. Es wäre aber wohl taktisch klüger gewesen, den Bauausschuss über die neu formulierten Fixpunkte der Planung beschließen zu lassen. Nun sieht sich Dreier neuer Kritik ausgesetzt. Geradezu abwegig mutet allerdings in diesem Zusammenhang die Forderung der Initiatoren des Bürgerbegehrens an, eine komplette Neuplanung für die Verwaltung zu fordern. Auch damit werden sie in der Sondersitzung des Rates am 18. Juni bei der Entscheidung über das Bürgerbegehren keinen Erfolg haben. Ingo Schmitz

 

(Westfälisches Volksblatt 06.06.19)