Mit einem historischen Votum hat der Rat der Stadt gestern Abend um 19:44 Uhr den Haushalt 2018 verabschiedet. Nach der Genehmigung durch den Kreis Paderborn ist die Verwaltung nun endlich wieder vollständig handlungsfähig.

Foto: Besim Mazhiqi

 

"Ein hervorragener Etat"

Premiere: Haushalt 2018 bekommt vom Rat ein einstimmiges Votum

 

Paderborn(WV). In einer historischen Abstimmung ist gestern der Haushalt der Stadt Paderborn für das Jahr 2018 verabschiedet worden. Die Fraktionen waren voll des Lobes. Und obwohl die Union längst nicht mehr die Mehrheit im Rat hat, reklamierte diese den Erfolg für sich – eben wie alle anderen Fraktionen auch.

 

»Gemeinsame Anstrengungen«

Mit einem Volumen von fast 450 Millionen Euro hat die Stadt Paderborn ein ganz dickes Paket geschnürt. CDU-Fraktionschef Markus Mertens erklärte vollmundig: »Der Etat, der uns vorliegt, ist und bleibt hervorragend. Mit unserer vorausschauenden Politik der vergangenen Jahre haben wir großen Anteil an den positiven Zahlen.«

Mertens ordnete die Veränderungen, die die neue Mehrheit mit ihren Anträgen herbei geführt habe, aus seiner Sicht ein. Die beschlossenen Reduzierungen der Haushaltsansätze machten nur 0,3 Prozent des Gesamtetats aus. Zudem, so Mertens, würden im Bereich Personal die Ausgaben nicht eingespart, sondern nur geschoben. Er blieb dabei, dass die Anträge der Interessengemeinschaft nicht der »große Wurf« seien.

Vor allem den Beschluss, das Einzelhandels- und Zentrenkonzept entgegen aller vorherigen Absprachen vor 2020 auf die Tagesordnung zu heben, kritisierte er scharf. Außerdem bleibe die CDU bei ihrer Ablehnung einer Wohnungsbaugesellschaft, da deren Organisation mit einem enormen Personalaufwand verbunden wäre. Einer Wohnungsgesellschaft werde die CDU offen begegnen, wenn es darum gehe, den Wohnraum in den ehemaligen britischen Liegenschaften zu vermarkten.

Abschließend appellierte er an den Rat, künftig mit der Partei zusammen zu arbeiten, die die meisten Stimmen der Bürger bekommen habe: die CDU. Bei den anstehenden Projekten sei es notwendig, gemeinsam Einsatz zu zeigen.

 

»Zukunftsweisende Projekte«

SPD-Fraktionschef Franz-Josef Henze zeigte sich sehr zufrieden mit der Zusammenarbeit der neuen Mehrheit. »Wir bringen Projekte auf den Weg, die zukunftsorientiert sind und nicht den Status Quo verwalten«, betonte er. Dazu zähle der Ausbau der Photovoltaik auf städtischen Immobilien sowie die Sorge für genügend und bezahlbaren Wohnraum.

Henze warf der CDU vor, den Spar- und Bauverein als Allheilmittel für die Wohnraumprobleme vorzuschieben. Es müssten andere Wege beschritten werden, sagte er mit Blick auf eine städtische Wohnungsgesellschaft. Die Quotierung geförderten Wohnungsbaus auf städtischen wie privaten Flächen werde nachhaltig die Bodenpreise und damit auch die Mieten senken, ist Henze sicher, dass die Beschlüsse Erfolg haben werden.

 

»Verantwortung für Klima«

Ebenfalls Zustimmung zum Etat gab es von Grünen-Sprecherin Sabine Kramm. Sie hob das nun auf den Weg gebrachte Mobilitätskonzept hervor, mit dem unter Beteiligung der Bürger alle Mobilitätsformen in den Blick genommen werden sollen. Die Grünen übernähmen jedoch nicht nur Verantwortung für das Klima und saubere Luft in der Stadt, sondern auch für das soziale Klima.

Endlich werde gegen die Wohnungsnot vorgegangen. Bedauern war zu hören, dass es immer noch nicht gelungen sei, eine kostenlose Nutzung für die Museen und die Bibliothek zu erreichen.

 

»Ziel erreicht«

FBI-Chef Hartmut Hüttemann hob hervor, dass es trotz der Anträge der neuen Mehrheit gelinge, einen ausgeglichenen Haushalt zu verabschieden. »Die FBI stimmt daher zum ersten Mal in der Geschichte des Rates einem ausgeglichenen Haushalt zu«, betonte Hüttemann. Dieses Ziel müsse auch 2019 und darüber hinaus verfolgt werden. Er appellierte zudem an Bund und Land, ihrer Verantwortung bei den Flüchtlingskosten gerecht zu werden. Noch bleibe zu viel an der Stadt hängen. Außerdem forderte er die Verwaltung auf, die Reduzierung der Schulden noch stärker in den Blick zu nehmen.

 

»Stadt wird lebenswerter«

Für die FDP, ehemaliger Junior-Partner der CDU, sprach Alexander Senn. Er lobte die jüngsten Weichenstellungen für eine wirtschaftsfreundliche Standortpolitik und betonte: »Dieser Haushalt ist ein Schritt zu einer sozialeren Stadt, wirtschaftsfreundlicheren Stadt, transparenteren Stadt, digitaleren und umweltfreundlicheren Stadt.« Paderborn werde dadurch lebenswerter.

 

»Gegen Verschuldung«

Seine erste Haushaltsrede hielt Stephan Hoppe, Für Paderborn. Er verteidigte den Beschluss für das neue Einzelhandels- und Zentrenkonzept: »Alle Konzepte sind nur so gut, wie sie den Menschen in unserer Stadt helfen. Wenn durch starre Regelungen Neuansiedlungen oder der Bestand von Nahversorgern gefährdet werden, dann geht das am Bedarf der Menschen vorbei.«

Hoppe warnte ausdrücklich davor, die Verschuldung voranzutreiben. Es könne auch nicht richtig sein, wenn die Bahn von der Stadt eine Million Euro bekomme, um den Bahnhof zu sanieren. Er freue sich in Zukunft auf »einen Wettbewerb der Ideen«.

 

»Sozialpolitische Signale«

Auch Reinhard Borgmeier verwies darauf, dass seine Linksfraktion erstmals dem Etat zustimmt. »Nicht weil wir mit allem einverstanden sind, sondern weil endlich auch mal sozialpolitische Signale gesetzt werden«, sagte er.

 

»Schulden senken«

LKR-Sprecher Johannes Knaup richtete seinen Schwerpunkt auf den Schuldenstand der Stadt. Er warnte dringend vor einem »Weiter-so« in Paderborn und betonte: »Eine schuldenfreie Stadt ist einfach besser aufgestellt und hat mehr Gestaltungsmöglichkeiten.«

Von Ingo Schmitz

 

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Kommentar (Ingo Schmitz)

Puh, geschafft! Bürgermeister Michael Dreier kann aufatmen. Mit dreimonatiger Verspätung ist der Haushalt der Stadt Paderborn beschlossen worden. Die Wehen bis zur Geburt waren nicht nur sehr lang, sondern für einige Teile des Rates auch äußerst schmerzhaft. Die CDU ist nicht mehr Herrin des Verfahrens. Sie muss lernen, Kompromisse einzugehen und Mehrheiten zu suchen. Ansonsten kann es passieren, dass nun Politik ohne die größte Fraktion im Rat gemacht wird. So ganz scheint diese Nachricht noch nicht bei der CDU angekommen zu sein, wenn man die Haushaltsrede ihres Fraktionschefs hört. Niemand muss in dieser Situation zu Kreuze kriechen. Aber ein wenig mehr Diplomatie wäre angebracht angesichts der riesigen Herausforderungen, die gemeistert werden müssen. Das Wichtigste ist, dass Paderborn mit dem beschlossenen Etat nun endlich wieder voll handlungsfähig ist und alle Baustellen, die in der Zwischenzeit ruhen mussten, angepackt werden können. Das ist die beste Nachricht – auch für Vereine und Institutionen, die die Stadt als Partner brauchen.