Flughafen soll saniert werden
Kreis- und Finanzausschuss stimmt für Insolvenz in Eigenverwaltung
Von Matthias Band
Paderborn (WV)
Öffentlich oder doch lieber nicht-öffentlich über die Zukunft des Flughafens entscheiden? Darüber haben die Mitglieder des Kreis- und Finanzausschusses des Kreises Paderborn am Montagabend gestritten. Schließlich setzte sich die Auffassung von Landrat Manfred Müller (CDU) durch, der appellierte, die Nicht-Öffentlichkeit zu wahren. „Es geht um die Wahrung der Interessen des Kreises. Wir befinden uns in einer schwierigen Verhandlungsposition“, sagte Müller.
Mit den Stimmen von CDU und SPD wurde in nicht-öffentlicher Sitzung für eine Sanierung des Flughafens und eine Fortführung in kleinerem Rahmen gestimmt. Grüne, FDP und Freie Bürger-Initiative (FBI) sprachen sich dem Vernehmen nach gegen den Beschluss und die Insolvenz in Eigenverwaltung aus. Eine Insolvenz in Eigenverwaltung ist eine Variante des Insolvenzrechts, die statt einer Abwicklung auf die Sanierung eines Unternehmens zielt. Die Geschäftsleitung bleibt dabei im Amt, ihr wird allerdings ein Sachwalter von außen zur Seite gestellt. Das Sanierungskonzept für den Flughafen in Ahden sieht eine Verkleinerung der Kapazitäten auf 300.000 Passagiere im Jahr vor. Zudem sollen 100 der 170 Arbeitsplätze wegfallen. Laut einem Gutachten belaufen sich die Kosten für eine Insolvenz in Eigenverwaltung auf 24,7 Millionen Euro. 13,7 Millionen Euro davon würde der Kreis Paderborn als Hauptgesellschafter tragen. Ein Neustart außerhalb einer Insolvenz schlüge mit 31,7 Millionen Euro zu Buche, den Flughafen zu schließen, kostete die Kreise und die Stadt Bielefeld als Gesellschafter 21,3 Millionen Euro– also gut 3,4 Millionen weniger als die Insolvenz in Eigenverwaltung.
Angesichts des Verlaufs der Beratungen in den Flughafen-Gremien und der Wünsche einiger Gesellschafter, die Flughafen GmbH zu verlassen, sei eine Sanierung außerhalb einer Insolvenz derzeit nicht umsetzbar, hieß es. Das letzte Wort hat nun am 21. September der Paderborner Kreistag. Bis dahin müssen auch die Verhandlungen mit den anderen Gesellschaftern über einen Ausstieg aus der GmbH und eine mögliche Übernahme von Geschäftsanteilen gegen Abstandszahlungen abgeschlossen sein. Bereits im Oktober droht dem Flughafen die Zahlungsunfähigkeit.
Zwei Anträge von FDP und SPD, die kurzfristig in die Sitzung eingebracht worden waren, sollen nun am 21. September beraten werden. Die FDP fordert unter anderem zu prüfen, ob es Sinn ergibt, die Flughafen GmbH in eine Betriebs- und Infrastrukturgesellschaft aufzuspalten und welche Möglichkeiten es gibt, heimische Unternehmen daran zu beteiligen. Zudem sollen Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung künftig mit Fachleuten aus der Flugwirtschaft besetzt werden. Die SPD macht sich derweil für eine Transfergesellschaft für die vom Arbeitsplatzabbau betroffenen Mitarbeiter stark. Zudem will die SPD eine neue Geschäftsführung.
Hartmut Hüttemann (FBI) hatte zu Beginn der Sitzung lautstark gefordert, auch den Flughafen öffentlich zu behandeln. „Wir erwecken sonst den Eindruck, wir beschließen im stillen Kämmerlein. Und das kurz vor der Wahl“, sagte er. Dr. Michael Hadaschick (FDP) sah das ähnlich und verwies darauf, dass eine so weitreichende Entscheidung öffentlich diskutiert werden müsse. Dr. Harald Grünau (Grüne) sagte: „Wir halten das Sanierungskonzept nicht für zustimmungsfähig.“ Das wiederum erzürnte den Landrat: „Ich will Ihnen ganz ehrlich sagen, wenn Sie sich jetzt vom Acker machen wollen, dann machen Sie sich unglaubwürdig“, erwiderte Müller.
Wie der Kreis am Dienstag mitteilte, sollen die außerordentlich zur Verfügung gestellten 13,7 Millionen Euro coronabedingt im Rahmen des Jahresabschlusses isoliert werden. Das bedeutet, diese Mittel zur Sanierung und Fortführung des Flughafens würden nicht unmittelbar die Kreisumlage berühren. Die Summe soll über eine längere Laufzeit umgelegt werden. Eine sofortige Insolvenz würde unterdessen „zur sofortigen Schließung des Flughafens, zum Verlust aller Rechte und eines wichtigen Stücks Infrastruktur führen, das über 50 Jahre zur Prosperität und zur positiven wirtschaftlichen Entwicklung der Region beigetragen habe“, heißt es in der von Landrat Müller unterschriebenen Beschlussvorlage. Die sofortige Insolvenz führe zum Verlust aller Arbeitsplätze. Sie sei unsozial und verantwortungslos.
(Westfälisches Volksblatt 26.08.2020)