Hinter der Fassade des Historischen Rathauses trifft sich der Hauptausschuss, der coronabedingt die Aufgaben des Stadtrats übernimmt. Foto: Hans-Hermann Igges

Landrat beendet Streit um sachkundige Bürger

Die von der Fraktion FBI/Volt benannten Mitglieder der entsprechenden Gremien sind jetzt teilnahmeberechtigt.

Paderborn
Landrat Christoph Rüther hat dem Streit um die Besetzung von Paderborner Stadtratsgremien durch die Fraktion FBI Freie Wähler/Volt ein vorläufiges Ende gesetzt. In der vergangenen Woche erklärte er wie erwartet die Vorschläge der Fraktion zur Entsendung sachkundiger Bürger für rechtens. Die Paderborner Politik hatte den Antrag zuvor insgesamt dreimal mehrheitlich abgelehnt. Zuletzt war dies am 18. Mai der Fall mit elf Nein-Stimmen (CDU, FDP, Für Paderborn), zehn Enthaltungen (Grüne, SPD, Linke, AfD) sowie einem Ja (Volt).
 

Einerseits wurde dem Bündnis vorgeworfen, eine rein technische Fraktion ohne gemeinsame Inhalte zu sein. Zudem wurde möglicher Lobbyismus angesprochen, weil mehrere Mitarbeitende von Westfalenwind für FBI/Volt in Ratsgremien beratend aktiv werden wollten – und nun auch können.
 

Lediglich der Vorschlag für den Aufsichtsrat der Wasserwerke Paderborn ging nicht durch, da dieser nur durch ein Ratsmitglied besetzt werden kann, nicht durch einen sachkundigen Bürger.
 

Das Thema wurde im Haupt- und Finanzausschuss (HFA), der coronabedingt in Vertretung des Rats zuständig war, intensiv diskutiert. Nach der ersten Abfuhr für FBI/Volt am 25. Februar hatte Dreier den Beschluss beanstanden müssen , da der Antrag rein rechtlich korrekt war. Nach der folgenden erneuten Ablehnung im HFA am 26. März wurde der Kreis Paderborn als Aufsichtsbehörde erstmals aktiv und Landrat Rüther bestätigte Dreiers Beanstandung: Die Antragsablehnung verletze geltendes Recht, heißt es in der Entscheidung der Aufsicht, der Beschluss werde aufgehoben. Für den Fall der Zuwiderhandlung drohe die Ersatzvornahme, so der offizielle Begriff.

 

Wie Kristina Stog von der Pressestelle der Stadt Paderborn auf Anfrage erklärte, sind die benannten Personen mit dem Datum der „Ersatzvornahme des Kreises Paderborn zur Entsendung von Mitgliedern der Fraktion FBI Freie Wähler/Volt“ vom 9. Juni mit diesem Tag „Mitglieder der entsprechenden Gremien und teilnahmeberechtigt“.

 

Komplett geschlossen ist die Akte jedoch noch nicht. Eine Entscheidung ist unter anderem noch für die Besetzung des HFA notwendig: Dort sitzen für FBI/Volt aktuell noch Verani Kartum als stimmberechtigtes Mitglied auf einem Ticket der FDP-Fraktion, mit der er zunächst koaliert hatte, sowie Fraktionschef Hartmut Hüttemann als beratendes Mitglied. Das wolle auch seine Fraktion nicht, sagte Hüttemann auf Anfrage.

 

Immerhin habe Rüther jetzt für eine neue Situation gesorgt, der weitere Weg gehe nur über Gespräche. „Wir müssen mit den anderen reden und sie mit uns, sagte Hüttemann. „Wenn die anderen bei uns Nein sagen, dann werden wir es auch – aber das ist nicht unser Ziel.“

Man müsse schauen, wie sich verhalten werde, sollte es künftig zu Umbesetzungen von Gremien kommen. Hier hatte Kartum als Reaktion auf die Ablehnung der FBI/Volt-Liste zuletzt mehrfach gegen Vorschläge anderer Fraktionen gestimmt.

 

Markus Mertens, Fraktionschef der CDU, die konstant gegen die FBI/Volt-Liste war, hatte zuletzt die Option ins Spiel gebracht, die Besetzung aller Ratsgremien zu überdenken. Bisher wurde hier Einvernehmlichkeit vorausgesetzt.

 

Es sei aber denkbar, bei einer kompletten Neubesetzung auf einfache Mehrheiten zu setzen.

(Neue Westfälische 16.06.2021)