Stadt will Studierende ködern

Neuer Versuch:

Um das Meldeverhalten zu ändern, plant die Stadt eine Gutschein-Aktion. Damit sollen mehr Landeszuweisungen für die Stadtkasse herausspringen

 

Paderborn. Die Stadt Paderborn zählt Jahr um Jahr mehr Einwohner - aktuell schon über 148.000. Doch es könnten noch mehr sein: Viele der über 20.000 Studierenden an Universität und Hochschulen wohnen zwar in Paderborn, haben hier jedoch nur einen zweiten Wohnsitz angemeldet. Damit entgehen der Stadt Jahr für Jahr Schlüsselzuweisungen des Landes, die es nur für Einwohner mit Erstwohnsitz gibt - rund 400 Euro pro Person. Nach dem Auslaufen der Rabattkarten-Kampagne "Heimvorteil" soll nun ein neuer Versuch gestartet werden, das Anmeldeverhalten zu beeinflussen, ohne gleich wieder eine Zweitwohnungssteuer zu beschließen wie vor der Heimvorteil-Kampagne bereits geschehen, aber nicht umgesetzt.


Nach anfänglichen "Heimvorteil"-Erfolgen habe sich das Meldeverhalten Studierender wieder auf das alte Niveau eingependelt, hieß es am Donnerstag vor dem Rat. Will heißen: Nur etwa jeder dritte Student verlagert seinen ersten Wohnsitz nach Paderborn. Und verlängern ließen die Rabattkarte nur 10 und 20 Prozent der Inhaber, sagte Jens Reinhardt, Chef des Amtes für Stadtmarketing und Öffentlichkeitsarbeit. Er stellte dem Rat sein neues Konzept vor: Danach sollen Studenten einen Einkaufsgutschein der Werbegemeinschaft über 100 Euro für ihre Erstwohnsitz-Meldung bekommen. Nach Rücksprache mit dem Einwohneramt und auf der Grundlage aktueller Zahlen der Uni zum Wintersemester gehe man von 1.800 Beantragungen des Begrüßungsgutscheins im ersten Jahr aus. Inklusive Marketingmaßnahmen sei also mit Kosten in Höhe von 200.000 Euro im ersten Jahr zu rechnen. Die Kampagne sei auf zunächst zwei Jahre angelegt.


Über einen Beitrag der Werbegemeinschaft dazu in Form eines Mengenrabatts müsse noch verhandelt werden, sagte Jens Reinhardt auf Nachfrage von Reinhard Borgmeier (Demokratische Initiative), der die Idee zwar gut fand, aber von einer "Subventionierung des Einzelhandels" sprach. Auch CDU, SPD und FDP drückten ihre Unterstützung aus. Skeptisch zeigte sich Klaus Schröder (Grüne), der Mitnahmeeffekte von Studenten ins Feld führte, die ohnehin ihren ersten Wohnsitz in Paderborn anmelden würden. Schon die Diskussion um eine Zweitwohnungssteuer bringe womöglich mehr.

FBI-Sprecher Hartmut Hüttemann zog seinen Antrag auf Einführung einer solchen Steuer angesichts der Mehrheitsmeinung zwar zurück; die Steuer sei für ihn aber nur vom Tisch, wenn das neue Konzept Erfolg habe.


Auch beim Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) der Uni Paderborn zeigte man sich gestern eher skeptisch: "Es ist zwar gut, dass die Stadt versucht, die Studierenden zu gewinnen. Aber das größere Problem ist eigentlich, dass so viele gar nicht erst herziehen wollen und pendeln, weil die Stadt für sie nicht attraktiv genug ist", sagte der stellvertretende Vorsitzende Pascal Mollet.

 

(Neue Westfälische 22./23.11.2015)