Es ist eine bittere Niederlage

Bauausschuss bedauert, Anträge auf Windkraftanlagen gegen Bürgervotum genehmigen zu lassen

Als einen rabenschwarzen Tag für die Kommunalpolitik und für die kommunale Selbstverwaltung hat CDU-Fraktionsvorsitzender Markus Mertens die Entscheidung im Bauausschuss verteidigt, dem Antrag eines Windkraft-Investors gegen Bürgerinteressen nachgeben zu müssen.»Es ist eine bittere Niederlage.« (von Rüdiger Kache)

Nahezu 100 Dahler Bürger verfolgten die Sitzung und mussten ohnmächtig hinnehmen, dass ein Windriese künftig die Dorfsilhouette verändern wird. Dem Vernehmen nach lief am Freitag das vom Rechtsanwalt des Investors zugebilligte Ultimatum ab. Hätte der Ausschuss nicht der Planung zugestimmt, hätte er auch nicht die Klage zurückgezogen. Das dürfte sich mit dem Einvernehmen der Politik nun erledigt haben, und beim Kreis liegen die entsprechenden Genehmigungspapiere schon bereit.

Es sei aber genau richtig, dass Bürger für ihre Interessen eintreten, und man habe bis zuletzt versucht, durch eine Höhenbegrenzung der geplanten Anlage Schlimmeres zu verhindern, betonte Markus Mertens. Man könne jetzt das Schadensersatzrisiko in Millionenhöhe nicht mehr tragen und verlasse sich auf das Fachwissen der eigenen Juristen. Gleichzeitig müsse man jetzt Flächennutzungs- und Bebauungspläne neu aufstellen, um den Wildwuchs weiterer Anträge zu vermeiden und die Planungshoheit der Kommune durch stabilen rechtlichen Boden endlich zurückzugewinnen.

»Es geht hier um sehr viel Geld, denn Windkraftanlagen sind Gelddruckmaschinen. Da bleibt manchmal leider auch die Moral auf der Strecke«, bedauerte Mertens die Entwicklung in Dahl, die einen tiefen Riss zwischen Investoren auf der einen und Politik und Bürgern auf der anderen Seite verursacht habe. »Die Entscheidung, jetzt diesem einen Antrag nachzugeben, wird uns aufgezwungen«, so sein Fazit.

Franz-Josef Henze (SPD) bedauerte den Umstand, dass man jetzt »auf einem noch überschaubaren Scherbenhaufen« sitze. »Aber das wussten wir schon vorher, dass uns das juristische Problem einholen würde.« Henze wies jedoch den Vorwurf von Bürgern zurück, die Politik sei ein willfähriger Handlanger von Investoren. »Und kommen wir heute nicht zum Schulterschluss, kippt der Flächennutzungsplan, und jeder kann nach eigenem Gutdünken seine Windmühlen im Garten planen.«

Reinhard Borgmeier verwies auf die Akzeptanzprobleme, die immer mehr Windkraftanlagen in der Bevölkerung hervorriefen. »Da wird auch die Politik letztlich ihre Augen nicht verschließen können, wenn der Druck immer größer wird.« Es bleibe die Frage, ob auch alles, was rechtlich möglich sei, realisiert werden müsse. »Ich fühle mich an die Tage des Protestes gegen die Müllverbrennungsanlage auf Mönkeloh erinnert«, meinte Borgmeier, »wo der Druck beständig zunahm und am Ende die MVA kippte.« Es laufe jetzt alles darauf hinaus, ob die Politik ein höheres Risiko eingehen wolle oder nicht. Es sei sehr bedauerlich, dass politische Entscheidungen inzwischen so oft vor Gericht landen.

Andrea Molkenthin-Keßler (Grüne) betonte, man müsse sich an den gesetzlichen Rahmen halten, und da ende der politische Abwägungsrahmen.

Daniel Sieveke (CDU) stellte fest, dass hier wohl die Energiewende übertrieben werde. »Das Einsparen von Energie ist in jedem Fall der bessere Weg, als immer neue Anlagen zu bauen. Das hetzt nur die Bürger gegeneinander auf.«

Dominik Gundlach (FDP) appellierte an die sachliche Vernunft und bedauerte, dass jede Möglichkeit der kommunalen Gestaltung vor Gericht ende. »Wir haben aber auch eine finanzielle Verantwortung gegenüber Stadt und Bürgern.«

Zu Beginn der Sitzung hatte der Rechtsanwalt der Stadt noch einmal im Detail erklärt, warum er keine Chance sehe, eine Klage des Investors abzuschmettern. Um auf einer rechtlich sicheren Grundlage zu stehen, müsse man Flächennutzungs- und Bebauungspläne modifizieren. Der Gesetzgeber habe klare Vorgaben gemacht und das Ziel formuliert, der Windkraft substanziellen Raum zu geben. Es werde zwischen harten und weichen Faktoren unterschieden und der kommunale Gestaltungsspielraum erheblich eingeschränkt.

Und: »Ohne einen Flächennutzungsplan – das gilt auch für einen unzulässigen – wären prinzipiell überall im Außenbereich Windanlagen zulässig.« Wolle man die Steuerungsmöglichkeit für die Genehmigung solcher Anlagen wieder schaffen, müsse man jetzt genehmigen und dann die Pläne neu aufstellen. »Lohnt es sich also, weiter zu kämpfen für eine Höhenbegrenzung auf 100 Meter? Ich plädiere dafür, das kleinere Übel jetzt hinzunehmen.«

Bei zwei Gegenstimmen von FBI und DIP (die FBI hatte zuvor versucht, den Beschluss anzuhalten und ihn stattdessen auf die Tagesordnung einer der nächsten Ratssitzungen zu setzen) folgte der Ausschuss der Empfehlung des Juristen.

Die strittige Windkraftanlage am Iggenhauser Weg in Dahl darf gebaut werden. Eine zweite, ebenfalls strittige Anlage, scheitert dort zurzeit daran, dass die Behörden sie als Luftverkehrshindernis einstufen.

Die Dauerproteste aus Dahl hatten keinen Erfolg: Der Bauausschuss hat schweren Herzens dem Bau einer größeren Windkraftanlage am Iggenhauser Weg zugestimmt. Foto: Jörn Hannemann